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Microsoft: Wie ich das neue Team verabscheute


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Illustration: Patrick Mariathasan / DER SPIEGEL

Kommunikationsplattform von Microsoft Wie ich lernte, das neue Teams zu hassen

Mit einer neuen Version soll die Konferenz-Lösung Teams eigentlich schneller und genügsamer werden. Microsoft aber hat es geschafft, die Software gleichzeitig langsamer und sperriger zu machen.

Es ist eine Binsenweisheit: In jeder Firma mit genug Schreibtischwerkern gibt es eine erkleckliche Zahl von Menschen, die die Software hassen, mit der sie tagtäglich umgehen müssen. Es mag daran liegen, dass keine Lösung wirklich für jede Aufgabe gleich gut geeignet sein kann und dass Leute unterschiedliche Geschmäcker haben. Slack-User hassen Slack, Google-Nutzer hassen Google Chat und Teams-User hassen Teams. Allerdings kann ich aus eigener Perspektive bestätigen, dass Nutzerinnen und Nutzer von Microsofts Kommunikationsplattform derzeit besonders viel Grund dazu haben.

In diesen Wochen bekommen die schätzungsweise 300 Millionen Betroffenen ein Angebot, das sie auf Dauer nicht abschlagen können: Die neue Version von Microsoft Teams ist endlich für die breite Masse verfügbar. Wer will, kann mit einem einfachen Schalter vom »klassischen« zum »neuen« Teams wechseln – und auch wieder zurückwechseln, wenn die neue Lösung nicht sofort gefällt. Dazu muss man nur einen Button drücken und keinen der üblichen Upgrade-Prozesse durchmachen. Ein geschickter Schachzug von Microsoft: Büromenschen sind oft Gewohnheitstiere und warten gern eine Schulung ab, bevor sie sich mit veränderten Bedienoberflächen herumschlagen.

Teams-Logo auf dem Smartphone

Teams-Logo auf dem Smartphone

Foto: Debarchan Chatterjee / DPA

Als »Digital Native« alter Schule habe ich den Schalter umgelegt und mich ins Abenteuer Upgrade gewagt. Obwohl – Microsofts eigenes Schulungsvideos versichert , dass die neue Programmversion gar kein »Upgrade« sei. Im Microsoft-Umfeld ist das Wort wohl mit so vielen schlechten Erfahrungen verbunden, dass man dem Publikum versichern muss, eine neue Programmversion sei eigentlich keine wirklich neue Programmversion.

KI-Kauderwelsch statt echter Hilfe

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Die ersten Erfahrungen erwiesen sich schnell als ernüchternd. Fürsorglich wurde ich mit automatisch eingeblendeten Hilfstexten durch einige Neuerungen geleitet. Doch Microsoft hat es offenbar nicht für notwendig befunden, deutsche Muttersprachler auf den Installationsprozess schauen zu lassen, bevor die Software an Millionen Büroangestellte verteilt wurde. Das hat in Redmond offenbar eine gewisse Tradition.

Meist ist die Sprache nur etwas steif und ungelenk, aber im Hilfedialog »Nachbestellung umdrehen« war ich zunächst ratlos. Es stellt sich heraus: Es geht darum, ob neue Chatnachrichten entweder oben oder unten im Teams-Fenster erscheinen sollen. Ob ich mich freue, dass Microsoft nun seine KI-Funktionen in alle Office-Produkte integrieren will? Eher nicht.

Nicht alles am neuen Teams ist schlecht. Videokonferenzen mögen nun einen Tick schneller starten und in den Einstellungen konnte ich flexibler einstellen, wie ich über welche neue Nachricht informiert werden sollte. Auch die Transkriptionsfunktion scheint leistungsfähig zu sein. Die so gewonnenen Arbeitssekunden und Nerven werden aber anderer Stelle freizügig wieder verschwendet.

Es fängt schon mit dem kleinen Icon am rechten Rand der Windows-Taskleiste an. Wenn ich mal kurz den Schreibtisch verließ, etwa um einen Kaffee zu holen, oder um ein Gespräch mit einem Kollegen zu führen, reichten bisher zwei schnelle Mausklicks an dieser Stelle, um meinen Anwesenheitsstatus zu aktualisieren. Das ist nun nicht mehr möglich. Stattdessen enthält das Kontextmenü nur noch den Eintrag »Untersützungsdateien einsammeln« (sic!).

Wenn ich nun den Schreibtisch verlasse, soll ich Teams öffnen, mein persönliches Profil aufrufen, ins Verfügbarkeits-Untermenü wechseln und dann einen neuen Status auswählen. Warum? Keine Ahnung. Microsoft bemerkt nur lapidar , das Abmelden per Taskleiste sei nicht mehr vorgesehen. Immerhin: Im November soll die Taskleisten-Funktion wieder nachgerüstet werden.

Verschlimmbesserte Kanäle

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Eine weitere Neuerung hat eigentlich nichts mit dem Teams-Upgrade zu tun, sondern poppte auf meinem Windows-Schreibtisch zufällig zur gleichen Zeit auf. Statt spontan eine Nachricht in einem Teamskanal zu schreiben, soll ich nun für jeden neuen Beitrag erst einmal eine Betreffzeile eingeben – ganz wie bei einer geschäftlichen E-Mail. Auch für diesen Medienbruch liefert Microsoft keinerlei Begründung, sondern behauptet einfach, es handele sich um eine »verbesserte Kanalerfahrung« .

Mutmaßlich will Microsoft damit Kolleginnen und Kollegen unter Kontrolle bringen, die ständig verschiedene Gesprächsfäden so verknoten, bis niemand mehr weiß, was wirklich besprochen wurde. Doch meiner Erfahrung nach können solche oberflächlichen Änderungen schlechte Angewohnheiten nicht beseitigen – insbesondere dann nicht, wenn man nicht erklärt, was man erreichen will. Stattdessen bürdet Microsoft jedermann mehr Arbeit auf. Die drängenden Hilferufe der Community  ignoriert der Konzern geflissentlich.

Obwohl Microsoft viel Mühe und Geld in das Teams-Upgrade gesteckt haben dürfte, reißt der Konzern jede gefühlte Verbesserung in kürzester Zeit wieder ein. Es bleibt damit dabei: Slack-User hassen Slack, Google-Nutzer hassen Google Chat. Und Teams-Hasser haben einfach recht.

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Haben Sie eine gute Restwoche,

Torsten Kleinz, Redakteur im Team Netzwelt

Anmerkung der Redaktion: In der ursprünglichen Fassung des Artikels hieß es, dass Microsoft keinen Handlungsbedarf sehe, den Teams-Status in der Taskleiste zu ändern. Inzwischen wurde die Funktion für November angekündigt.

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Author: Whitney Carson

Last Updated: 1703596321

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